Köln, 17. Dez. 2012. Kürzlich haben mehrere Bundesländer ihre aktuellen Waldzustandsberichte 2012 veröffentlicht. Darin wird erneut festgestellt, dass ein großer Teil der Wälder nach wie vor erheblich geschädigt ist und dass viele Böden noch immer sehr stark versauert sind. An etlichen Standorten ist eine Basensättigung unter 20 Prozent festgestellt worden. Das schränkt die Bodenfruchtbarkeit und die Vitalität der Bäume und der natürlichen Flora und Fauna ein.
Trotz der erfolgreichen Verminderung der Schwefeldioxid-Emissionen durch Kraftwerke und trotz der Einführung des Katalysators für Kraftfahrzeuge und weiterer Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft krankt der Wald nunmehr seit 30 Jahren auf gleichem Niveau. Gemäß amtlichen Statistiken geht es dem Wald heute nicht besser als 1984, als das „Waldsterben“ Medien und Massen mobilisierte. Dabei müsste heute – angesichts des neuen Stressfaktors Klimawandel – die Sorge um das Immunsystem der Wälder größer sein als jemals zuvor.
Ist nach dem Waldsterben vor dem Waldsterben?
Die aufwändigen systematischen Untersuchungen der letzten Jahre zum Wald- und Bodenzustand ergeben drei wesentliche Kernaussagen:
- Der jährliche Säureeintrag der letzten Jahre kann an vielen Standorten nicht natürlich kompensiert werden; die Böden versauern weiter.
- An nicht gekalkten Standorten wandert die Versauerungsfront weiter in den Unterboden. Dadurch wird das tiefere Wurzelwachstum der Bäume vermindert. Gelöstes Aluminium und Schwermetalle können das Grundwasser belasten.
- Die Waldkalkungen der letzten 20 Jahre haben signifikante Verbesserungen der chemischen Bodenverhältnisse bewirkt (Anhebung von pH-Wert, Basensättigung, Magnesium-Versorgung), zugunsten der Biodiversität.
Patient Wald: Gesundung und Stabilisierung erfordern gezieltes Handeln
Die aktuellen Wald- und Bodenzustandsberichte belegen deutlich, dass dringend zusätzlicher Handlungsbedarf besteht, um Wälder und Waldböden sowie das Trinkwasser zu schützen. So stellt der Waldzustandsbericht für Rheinland-Pfalz fest:
„Zum Schutz unserer Waldökosysteme […] sind daher nach wie vor weitere Anstrengungen zur Verringerung der Emission der Säurevorläufer und eine Fortsetzung der Bodenschutzkalkung erforderlich.“
Auch in NRW ruht die Hoffnung neben rückläufigen Säureeinträgen auf der Waldkalkung als „treibender Kraft“ positiver Veränderungen, zugunsten einer Erholung der Puffersysteme in den Waldböden.
„Primär sind die versauernden Immissionen nachhaltig zu reduzieren. Parallel sind die Kompensationskalkungen zur Neutralisierung der alten und neuen Bodenversauerungen zu verstärken“, fasst Diplom-Agraringenieur Dr. Reinhard Müller den Handlungsbedarf aus den aktuellen Studien zusammen. Der Geschäftsführer der Düngekalk-Hauptgemeinschaft kommt zu dem Schluss, dass der bisherige Umfang der Waldkalkung ganz offensichtlich nicht ausreicht, um alle bedürftigen Waldböden ausreichend zu versorgen und die ursprünglichen natürlichen Verhältnisse wiederherzustellen: „Ein Drittel des deutschen Waldes ist stark kalkungsbedürftig, das sind 3,7 Millionen Hektar. Für diese vier Millionen Fußballfelder messende Fläche, in die zum Beispiel die Großstadt München 119-mal passen würde, müsste man eine Million Tonnen Naturkalk ausbringen – das Fünffache der heutigen Menge.“
Dr. Reinhard Müller fordert daher die Fachpolitiker aller Parteien und alle Vertreter der Forstwirtschaft auf, sich für eine verstärkte und nachhaltige Förderung der Waldkalkung einzusetzen.